Pressemitteilung: epaper.op-online.de 14.11.2023
Kauf des Gemeindehauses durch die Stadt löst Gebäudeproblem vorerst
Maintal – Es ist eine Rettung in letzter Minute: Am 30. November läuft der Mietvertrag zwischen dem Elternverein Bischofsheim, Träger der Montessori-Kindertagesstätte, und der evangelischen Kirchengemeinde Bischofsheim aus. Damit wäre der seit vielen Jahren im evangelischen Gemeindehaus in der Rhönstraße 2 ansässige Kindergarten am 1. Dezember heimatlos geworden – hätten nicht sämtliche demokratischen Fraktionen der Maintaler Stadtverordnetenversammlung ihre Ideen gebündelt und zu einem Antrag zusammengefasst, der die Stadt mit dem Kauf des Gemeindehauses beauftragt. Laut aktuellen Verlautbarungen aus dem Rathaus und dem Kirchenvorstand konnten sich Stadt und Gemeinde schnell einigen. Der Verkauf an die Stadt ist nun in trockenen Tüchern.
Der Kaufvertrag, antwortet die städtische Pressestelle auf Anfrage, wird derzeit durch ein Notariat erarbeitet. Die Stadt, so der Stavo-Beschluss aus dem September, soll die Immobilie dann für die kommenden zwei Jahre an den Elternverein Bischofsheim vermieten, sodass der Montessori-Kindergarten bis dahin in seinem angestammten Domizil bleiben kann. Unabhängig davon, ob der Kaufvertrag bis zum 30. November notariell beurkundet ist oder nicht, werde man, verspricht die Stadt, mit der Kirche eine Lösung bezüglich des auslaufenden Mietvertrags finden, sodass das Mietverhältnis im Idealfall nahtlos von der Kirchengemeinde auf die Stadt übergehen kann.
Damit erhalten die Familien der dort betreuten Kinder und auch das pädagogische Fachpersonal Planungssicherheit für die kommenden zwei Jahre, bis 2025. Wie es nach diesem Zeitraum mit dem Grundstück in der Rhönstraße weitergeht, lässt die Stadt offen. „Durch den Beschluss zum Grundstückserwerb ist der aktuelle Standort der Kita Montessori mittelfristig gesichert. Mit der langfristigen Entwicklung des Grundstücks und der Sicherung der Betreuungsplätze beziehungsweise einem möglichen Platzausbau im Stadtteil Bischofsheim werden sich die verschiedenen Fachbereiche der Verwaltung und die Maintal Immobilien Gesellschaft befassen“, heißt es dazu aus dem Rathaus.
Die Kirche braucht das alte Gemeindehaus langfristig nicht mehr. Sie baut gegenüber des Marktplatzes, direkt neben der evangelischen Kirche im Zentrum Bischofsheims ein neues, modernes, kleineres Gemeindehaus, das nicht nur die kircheneigenen, sondern – wie bisher auch – Gruppen und Vereine aus dem Stadtteil mieten können.
Anstoß zur politischen Debatte, die letztlich zu dem Kauf führte, gegeben hatte die CDU-Fraktion mit einem Antrag, der zunächst inhaltlich auf wenig Begeisterung gestoßen war. Die Maintaler Christdemokraten wollten für das Grundstück einen Bebauungsplan mit der Bezeichnung „Kindereinrichtung nordwestliches Bischofsheim, Ecke Rhönstrasse 2 / Am Wellenpfad“ aufstellen lassen. Dies hätte jedoch die Verkaufspläne der Kirchengemeinde torpediert, die den Erlös aus dem Verkauf schon zur Finanzierung des neuen Gemeindehauses einkalkuliert hat. CDU-Bauexperte Erik Schächer zeigte sich daher auch kompromissbereit für andere Lösungen, die den Erhalt der Bischofsheimer Kita sichern würden.
„Die Bauausschussmitglieder unter Führung von Erik Schächer haben schnell die Köpfe zusammengesteckt und eine Idee entwickelt, die der Stadt Handlungsoptionen für diesen städtebaulich relevanten Standort und gleichzeitig dem Kindergarten Hoffnung gibt“, erklärt CDU-Fraktionschef Götz Winter seine Motivation. „Dass diese Idee bei der Eigentümerin keine Begeisterungsstürme auslösen würde, haben wir vermutet, aber Eigentum verpflichtet nun einmal. Wichtig war uns, dass die Stadt einen Fuß in die Tür bekommt, und das hat funktioniert.“ Bei einem informellen Treffen mit Vertretern des Kirchenvorstands und des Kita-Trägers ließ sich die Fraktion per Handschlag versichern, dass die Kita am 1. Dezember nicht „auf der Straße steht.“
Über die Reaktion von Bürgermeisterin Monika Böttcher (parteilos), die der CDU-Antrag „schockiert“ hatte, zeigte Winter sich überrascht: „Wie kann man als Bürgermeisterin darüber geschockt sein, dass die Bürger ein außergewöhnliches pädagogisches Konzept für 38 Kindergartenplätze und die Gestaltungshoheit über einen zentralen Standort in Bischofsheim nicht verlieren wollen?“
Dankbar dafür, dass die Fraktion den Handlungsbedarf erkannt hatte, nahmen FDP, Grüne, SPD und WAM den Verhandlungsball auf und formulierten einen gemeinsamen Antrag, der Ende September mit Mehrheit beschlossen wurde. Die SPD-Fraktion ergänzte den Beschluss noch um zwei Punkte und beauftragte zum einen den Magistrat mit dem Kauf und schlug zum anderen auch eine Finanzierungsmöglichkeit aus dem Investitionsvolumen für den Kanalbau in der Herrmann-Löns-Straße vor, die laut Stadt umsetzbar ist.
Daher beansprucht auch die SPD-Fraktion einen Teil des Erfolgs der Kita-Rettung für sich: „Trotz anfänglicher Widerstände und kontroverser Diskussionen innerhalb der städtischen Gremien“ sei die SPD „am Ball geblieben, um die Zukunft eines Angebots der Kinderbetreuung in Bischofsheim zu gewährleisten“, so die Maintaler Sozialdemokraten. Sie werten die Einigung zum Kauf auch als Gewinn für Kirche und Stadt: Die Kirchengemeinde erhalte so die finanziellen Mittel zum Bau des neuen Gemeindehauses. Und die Stadt habe „Zugriff auf ein Grundstück und kann dieses für unterschiedlichste Bedürfnisse perspektivisch verwenden und zur Verfügung stellen.“
Die Stadt selbst war auch bereits seit mehreren Monaten mit dem Träger der Kita im Austausch über dessen Zukunftsperspektive gewesen, hatte einen Kauf des alten Gemeindehauses ursprünglich aber nach eingehender Prüfung durch die zuständigen Fachdienste abgelehnt.
Doch auch wenn sich Kirche und Stadt nicht so schnell einig geworden wären, sei der noch für dieses Jahr geplante Baubeginn des neuen Gemeindezentrums in der Mitte Bischofsheims zu keiner Zeit in Gefahr gewesen, erklärt Kirchenvorsteher Thomas Baumgart. „Wir sind darüber sehr glücklich, denn das war immer unsere Wunschlösung, dass die Kita drin bleiben kann“, sagt er. Auch in der „Gesamtbetrachtung“ findet Baumgart den Kauf durch die Stadt „toll“, weil dann auch andere Vereine, die etwa in der Turnhalle des Gemeindehauses proben, die Räume weiterhin nutzen können. Ansonsten hätte es nämlich eine gewisse „Vakanz zwischen Abriss und Neubau“ gegeben.
Auch der Elternverein selbst zeigt sich sehr erleichtert über die kurzfristige Einigung: „Wir sind natürlich sehr erleichtert und glücklich darüber, dass wir jetzt erst einmal hier in den Räumen bleiben und sowohl den Familien als auch den Mitarbeiterinnen eine Perspektive für die kommenden zwei Jahre bieten können, und danken allen politischen Akteuren, der Stadt und der Kirche dafür, dass sie so schnell und kooperativ an dieser gemeinsamen Lösung gearbeitet haben“, sagt Liliia Weiser vom Vorstand des Elternvereins Bischofsheim.
„Dennoch sind die zwei Jahre, die wir jetzt hier in der Rhönstraße bleiben können, nur eine Verschnaufpause und uns steht die nächste Kraftanstrengung bevor, nämlich eine langfristige Gebäudelösung für die Kita zu finden“, erklärt sie. Bestandteil des Beschlusses ist nämlich auch ein Passus, der die Stadt beauftragt, mit dem Träger eine langfristige Lösung für einen neuen Standort zu finden. Konkret wird hierfür ein Grundstück am Bischofsheimer Friedhof genannt, das der Stadt gehört, aber nicht zur Erweiterung des Friedhofs gebraucht wird. Ob dies eine Option ist, lässt die Stadt bislang noch offen.
Quelle: epaper.op-online.de 14.11.2023