Pressemitteilung: Maintal Tagesanzeiger 04.03.2023
CDU und FDP kritisieren den Umgangston in der Standortdebatte für Flüchtlingsunterkünfte.
Dass man in einer Abstimmung unterliegt, gehöre zum politischen Geschäft, erklärt Thomas Schäfer, Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der Maintaler FDP. Seine Fraktion hatte sich wie die CDU – anders als berichtet – dafür stark gemacht, auf den Festplätzen in Hochstadt und Bischofsheim keine Leichtbauhallen zur Unterbringung von Geflüchteten zu bauen, sondern sie für die öffentliche Nutzung zu erhalten. Schwerer als die Enttäuschung über die abgelehnten Anträge wiegt allerdings das Unverständnis über die Argumentation in der Debatte. ,,Die Wortwahl ist unter demokratischen Parteien inakzeptabel“, beschreibt Schäfer die Diskussion im Sozialausschuss. Man habe sich bislang fraktionsübergreifend um eine gemeinsame Lösung bemüht. ,,Aber die Diskussion über alternative Standorte wurde mit fadenscheinigen Argumenten abgewürgt“, kritisiert auch Kerstin Winter, die für die CDU im Sozialausschuss sitzt.
Zum Hintergrund: Die Stadt muss mehr Unterkünfte für Geflüchtete bauen. Andernfalls kann sie die ihr vom Kreis zugewiesenen Menschen aus Drittstaaten und der Ukraine schon bald nicht mehr aufnehmen. Deshalb – und um Zeit zu gewinnen – hatte die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, Leichtbauhallen zur Unterbringung von Geflüchteten als Übergangslösung bis Ende 2024 zu mieten (wir hatten berichtet). Die Entscheidung über die Standorte hatte die StaVo allerdings an den Sozialausschuss überwiesen, wo acht Ausschussmitglieder anstelle von 45 Stadtverordneten die Qual der Wahl hatten, wo die Hallen errichtet werden sollen.
Entsprechend hitzig war die Diskussion. Der Magistrat hatte in seiner Vorlage die beiden Festplätze in Bischofsheim und Hochstadt vorgeschlagen. FDP und CDU stimmten nicht für, sondern gegen diesen Vorschlag. Gegen die Nutzung der beiden Festplätze spricht aus ihrer Sicht, dass die Flächen, einmal mit den Leichtbauhallen bebaut, nicht mehr für die Bürgerschaft zur Verfügung stehen. „Wir wollen die Festplätze nicht zumachen“, erklärt CDU-Fraktionschef Götz Winter im Gespräch mit dem MAINTAL TAGESANZEIGER.
Insbesondere für den Hochstädter Festplatz hat die CDU nämlich andere Pläne. ,,Das ist ein Thema, das schon lange in Hochstadt schwelt: Wir haben keinen Treffpunkt für Jugendliche ab 14″, so Kerstin Winter.
Deshalb hatte ihre Fraktion beantragt, ein Konzept für das Areal zu entwickeln. Der Antrag wurde in der Sondersitzung des Sozialausschusses zwar abgelehnt. ,,Aber wir werden das Thema weiterverfolgen“, verspricht Götz Winter. Ein Spielfeld für Rollsport oder Basketball, überdachte, beleuchtete Sitzmöglichkeiten, an denen sich Jugendliche und junge Erwachsene treffen können, schlagen die Christdemokraten vor. Auch eine weitere Nutzung als Festplatz soll möglich bleiben. Um zu ermitteln, was sich Kinder und Jugendliche hier genau wünschen, soll die Stadt einen Workshop beauftragen.
Dass der Platz dafür nun einer Leichtbauhalle weichen soll, stößt auf Unverständnis – zumal es aus Sicht von FDP und CDU geeignetere Alternativen gibt. Beide Fraktionen hatten in ihren Änderungsanträgen das Grundstück gegenüber des Bischofsheimer Bürgerhauses, das Kling-Gelände, das Ambrosius-Gelände und ein Grundstück im Gewerbegebiet in Bischofsheim vorgeschlagen. Diese Standorte seien vom Magistrat mit nicht offen dargelegten Argumenten abgewiegelt worden, kritisieren die CDU- und FDP-Fraktionsmitglieder.
Das Ambrosius-Gelände gehört zwar nicht der Stadt. ,,Aber der Eigentümer lnstone würde es der Stadt zur Nutzung für drei Jahre überlassen“, weiß Götz Winter. Auch die Kirche würde zustimmen, auf dem Grundstück, auf dem das neue Bürgerhaus in Bischofsheim geplant wird, eine Leichtbauhalle zu erreichten. Argumente wie die, man wolle Dörnigheim nicht mit weiteren Unterkünften überlasten, oder die Wildschwein-Plage auf dem Kling-Gelände, stoßen auf Unverständnis. ,,Das sind an den Haaren herbeigezogene Gründe“, so Schäfer, dem es vor allem auch darum geht, dass sich die derzeit wohlwollende und offene Stimmung gegenüber Geflüchteten in der Maintaler Bürgerschaft nicht dreht. ,,Dass unsere Vorschläge so vehement abgelehnt wurden, ist nicht nachvollziehbar“, So Kerstin Winter. ,,Unser Motto war immer: geben, ohne anderen zu nehmen“, ergänzt Götz Winter. Dass die Festplätze mit dem Beschluss aber vermutlich dauerhaft der öffentlichen Nutzung entzogen werden, entspreche nicht dieser Philosophie.
Dass die Pläne, den Hochstädter Festplatz für Jugendliche zu aktivieren, nun durchkreuzt werden, ist für die Christdemokraten umso unverständlicher, weil sie fertig sind und direkt umgesetzt werden könnten. Auf die Initiative von Jugendlichen hin sei eine Calisthenics-Anlage geplant.
Beide Fraktionen glauben nicht daran, dass es um eine zeitlich begrenzte Nutzung der Festplätze für die Unterkünfte geht. ,,Das ist eine Illusion, dass wir das Thema schnell abhaken können“, so Schäfer.
Quelle: Maintal Tagesanzeiger 04.03.2023